Projekt: Historische Obstsorten in Reddelich und Brodhagen

Dieses Projekt wurde durch Frau Dr. Silvia Kastell aus Reddelich ins Leben gerufen. Es steht noch ganz am Anfang. Frau Kastell freut sich über jeden Mitstreiter, der sie bei der Umsetzung der Ideen unterstützt. Die Unterstützung der Gemeinde wurde ihr durch den Bürgermeister zugesichert. Auch der Kulturverein unterstützt das Projekt. Rege Zustimmung fand die Idee bereits in der Redaktion der RADUCLE. Dort wird sicher noch viel über die Entwicklung des Projektes zu lesen sein.

Über das Projekt schreibt Frau Kastell:

Die Gemeinde Reddelich – Brodhagen möchte zukünftig historische Obstsorten als Bäume pflanzen. Dazu sollen gemeindeeigene Flächen in beiden Dörfern und im Außenbereich genutzt werden. Eine Auswahl geeigneter Flächen wird noch getroffen.

Immer mehr Menschen werden sich bewusst, dass alte Obstsorten ein Kulturgut darstellen, das teilweise bereits verloren ist bzw. ohne entsprechende Bemühungen verloren geht. Damit gehen viele, vorteilhafte Sorteneigenschaften verloren, die man evtl. in der Zukunft braucht bzw. von großem Nutzen sein könnten. Es spricht deshalb vieles dafür, alte Sorten nicht verloren gehen zu lassen, sondern diese wie einen wertvollen Schatz zu hüten.
Historische Obstsorten, wie beispielsweise des Apfels, der Birne, der Pflaume, der Zwetsche, der Kirsche und der Quitte sollen unseren Bürgern zur Ernte der Früchte zur Verfügung stehen. Auch die Walnuss, Mispel, Maulbeere, Reineclaude und die wilden Sorten des Apfels und der Birne sollen berücksichtigt werden. Ausgewählt werden sollten die Obstorten nach Zweck und Region. In die Auswahlkategorie „Zweck“ sollten zusätzlich zur Nutzung der Früchte für den Menschen auch der landschaftliche Aspekt und der Naturschutzwert der Bäume gehören. Dabei ist immer ein Teil der Ernte für Wespen, Käfer, Igel und die Vogelwelt reserviert.

Was zeichnet „Alte Obstsorten“ aus?

  • Alte Obstsorten unterscheiden sich auf sympathische und eindeutige Weise von einheitlicher Hochglanzware.
  • Alte Obstsorten haben sich über Jahrhunderte bewährt. Man kann sich einen Baum nach den gewünschten Eigenschaften (z. B. Geschmack, Aussehen, Reifezeit, Standortansprüche) aussuchen.
  • Es wurden keine züchterischen oder gentechnischen Veränderungen an diesen Sorten vorgenommen und daher können sie sich besonders für Menschen mit Allergieproblemen eignen.
  • Sie sind in der Regel älter als 50 Jahre und bieten eine vielfältige und interessante Auswahl; die ältesten Sorten gibt es seit fast 1000 Jahren.
  • Alte Obstsorten haben ihre eigene, oftmals sehr interessante Entstehungsgeschichte und Heimat.
  • Sie sind robust und regional anpassungsfähig.

Der Erhalt der Sortenvielfalt ist allen Baumschulen, die sich mit der Zucht der alten Obstsorten beschäftigen, ein wichtiges Anliegen.

Historische Obstsorten sind teilweise völlig in Vergessenheit geraten. Viele dieser rund 3.000 Sorten, darunter ca. 1.400 Apfelsorten, kommen nur regional vor und sind ein Kultur- und Naturerbe von hohem Wert. Einige Sorten findet man nur sehr selten und sie sind vom Aussterben bedroht.
Es gibt auch eine historische Apfelsorten aus unserer Region, wie beispielsweise den Mecklenburger Königsapfel 1852, den Mecklenburger Junkerapfel 1852 und die Doberaner Borsdorfer Renette. Diese sollten auch gepflanzt werden, weil sie in der Region ihre Heimat haben.

Zur Historie:
Borsdorfer Apfel ist eine Bezeichnung für verschiedene Kulturapfel-Sorten. Die bekannteste unter ihnen ist die älteste deutsche Apfelsorte Edelborsdorfer, die erstmalig 1175 Erwähnung fand. Eine andere Sorte aus dieser Gruppe ist z. B. der Doberaner Borsdorfer Renette:
Doberaner Äpfel

  • Herkunft: Bad Doberan, um 1850
  • Pflückreife: Oktober
  • Genuss: November bis Februar
  • Lagerfähig bis: Februar
  • Ertrag: mittelspät einsetzend, hoch, fast regelmäßig
  • Pflegeaufwand: relativ gering
  • Fruchteigenschaften: mittelgroß, feinzellig, gelbrote ansehnliche Schale, saftiges, grünweißliches Fruchtfleisch, fein, fest, ausreichend saftig, feinsäuerlich bei vorherrschendem Zucker, sehr aromatisch, süßer Geschmack, edel renettenartig gewürzt, sehr guter Tafel- und Wirtschaftsapfel
  • Verwendung: Universalapfel
  • Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheit / Schädlinge: hoch, Holzfrost: hoch

Wir möchten unsere Kulturlanschaft durch eine größere Artenvielfalt von historischen Obstbäumen noch weiter verbessern. Mit der Anpflanzung historischer Obstsorten möchte unsere Gemeinde ihr Territorium landeskulturell aufwerten und den Erlebniswert für die Bürger steigern.

Wo sollen die Pflanzungen erfolgen?
Die Gemeinde hat eigene Flächen. Diese befinden sich unter anderem an öffentlichen Wegen und Straßen. Es können auch Obstbaumwiesen, Gruppenpflanzungen und Einzelbaumpflanzungen damit hergestellt werden. Dies gilt es noch zu prüfen. Wir möchten den Bäumen auch genügend Platz zur Verfügung geben.

Spendenaufruf für historische Obstbäume
Der Kulturverein für Reddelich und Brodhagen e.V. nimmt gerne Spenden für den Kauf und die Pflanzung von historischen Obstbaumsorten entgegen. Jede Spende hilft unser Vorhaben umzusetzen. Auch Baumpatenschaften sind denkbar.

Es gibt Baumschulen, die sich auf die Vermehrung historischer Obstsorten spezialisiert haben. Dort kann man sie kaufen.
Die sicherste Pflanzzeit ist der Herbst. Sobald genug Mittel zur Verfügung stehen, können die ersten Bäume gepflanzt werden.

Die Pflanzungen sollen Bestand haben. Ein mehrjähriges Pflegemanagement, wie Gießen bei Trockenheit, Stützpfähle, Wildverbißschutz für den Stamm und Wühlmausschutz für die Wurzel gegen Nagetiere sind nötig.

Von Dr. Silvia Kastell