Ich, Ulf Lübs, kandidiere für das Bürgermeisteramt

Entgegen früheren Beteuerungen habe ich mich entschlossen, für das Ehrenamt des Reddelicher Bürgermeisters zu kandidieren. Mein Sinneswandel resultiert aus der veränderten Ausgangslage. Die beiden Bewerber der letzten Wahlen kandidieren, aus nachvollziehbaren und verständlichen Gründen, bei dieser Wahl nicht.

Wer bin ich?
Geboren 1961 halte ich mich – rein vom Lebensalter gesehen – für reif genug, das Bürgermeisteramt verantwortungsvoll zu führen. In Bad Doberan durfte ich eine unbeschwerte Kindheit genießen. Meine Beziehung zu Reddelich begann, mit verwandtschaftlichen Kontakten, in den frühen 1970er Jahren. Später war ich als Traktorist der Brigade Utesch auch in Reddelich tätig. Im Winter 1983/84 habe ich in einer WG, wie man heute dazu sagt, im damaligen Ferienlager „Mihla“, der ehemaligen Hufe VII, erstmalig in Reddelich gewohnt. 1985 zog ich mit meiner Familie in Reddelich zusammen. Nach einem Intermezzo von 1986 bis 1993 in Hinter-Bollhagen, leben wir – und dies gerne – in Reddelich.

Abgesehen vom DAV, der GST und der FDJ, aus denen ich formal nie aus ausgetreten bin, habe ich nie einer Partei oder anderen Massenorganisation angehört. Gemeinsam mit meiner Kandidatur als Einzelbewerber verschafft mir dies die politische Unabhängigkeit, mit der ich das Ehrenamt zu führen gedenke. Die eingangs genannten Organisationen haben übrigens seit mehr als 35 Jahren keine Beiträge von mir eingefordert, da bin ich dann wohl raus.

Seit 1981 bin ich in leitenden Positionen tätig gewesen. Die dabei gewonnenen Erfahrungen können mir als Bürgermeister bestimmt hilfreich sein. Zuerst, während meines Wehrdienstes, war ich Funktionsunteroffizier. Ab 1986, nach erfolgreich absolviertem Meisterlehrgang, leitete ich als Brigadier in der LPG (P) Kühlung die im gesamten Kooperationsbereich tätige Konservatbrigade. Von dort wechselte ich 1990 in die MVA Kröpelin als Abteilungsleiter Ackerbau und Technik. 1994 verließ ich den Betrieb und – schweren Herzens – die Landwirtschaft. Meine Umschulung in die Bauwirtschaft schloss ich 1997, nach Absolvierung eines Bauingenieurslehrganges, ab. Nach Anmeldung eines Gewerbes als Baubetreuer genoss ich es, Chef eines Einmannbetriebes zu sein. 2007, nach einem schweren Unfall, meldete ich das Gewerbe ab. Seitdem bin ich zwar bei der Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen aber frei in meiner Zeiteinteilung.

Wo stehe ich politisch?
Das Bekenntnis zur freiheitlich, demokratischen Grundordnung ist Bedingung zur Wählbarkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister und wurde von mir in völliger Übereinstimmung mit meiner persönlichen Weltanschauung unterschrieben. Dass jeder unter Demokratie etwas anderes versteht, ist essenzieller Bestandteil dieser. Besser als der schwammige Begriff „Demokratie“, beschreibt „Humanismus“ die Maximen meines Handelns. Dazu haben viele Philosophen von der Antike bis zur Neuzeit „griffige“ Sprüche geprägt, derer ich mich in Disputen zu dem Thema gerne bediene. Deutschland hat zwar keine Verfassung und die Legislative auf Bundesebene ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sich für eine nachhaltige, zukunftsfeste Verfassung einzusetzen. Im Grundgesetz, dem gültigen, provisorischen Ersatz für eine Verfassung, ist das derzeitige gesellschaftliche System Deutschlands festgeschrieben. Damit muss ich, wie jeder andere Bundesbürger auch, erst einmal leben. Mir persönlich hilft es, die „große Politik“ in großen Teilen als Realsatire zu betrachten.

Auf kommunaler Ebene gilt es, Obacht zu geben, dass die, eigentlich grundgesetzlich garantierte, Selbstverwaltung der Gemeinden nicht über die Finanzen ausgehebelt wird. Gerade unsere Gemeinde ist ein beredtes Beispiel für die Diskrepanz in der öffentlichen Wahrnehmung. Da gilt es, einiges gerade zu rücken. Die Politikverdrossenheit, auch in den Kommunen, ist ein deutliches Zeichen, wie die politischen Eliten die Demokratie diskreditieren. Wenn am Ende immer weniger Bürger bereit sind – aus guten Gründen – in den Städten und Gemeinden mitzuarbeiten, verkommt die Kommunale Selbstbestimmung endgültig zur Farce.

Die Finanzsituation der Gemeinde
Natürlich haben wir Schulden. Natürlich ist es schade, dass voll erschlossene Gewerbeflächen in Reddelich brachliegen. Natürlich kann man, wenn man sich den Pressespiegel in der Gemeindechronik anschaut, den Eindruck bekommen, wir haben keine anderen Sorgen. Aber: Jeder Einwohner der Gemeinde Reddelich steht für rund 2.000 € Gemeindeschulden in der Haftung. Mit anderen Worten, für eine Restschuld im Gegenwert eines 10 Jahre alten Gebrauchtwagens:

  • kann ich etliche Kilometer gut ausgebaute Gemeindewege nutzen,
  • habe ich eine gute Chance, bei einer persönlichen Katastrophe von einer gut ausgebildeten und engagierten Feuerwehr mit Basis vor Ort, gerettet zu werden,
  • können Verwandte und Freunde ihre Sprösslinge in eine Tagesstätte in der Gemeinde schicken,
  • kann ich schnell erschlossenes Gewerbeland in meinem Heimatort erwerben, wenn ich eine Geschäftsidee umsetzen möchte und
  • im Falle eines sozialen Absturzes auf eine Wohnung aus dem Gemeindebestand hoffen.

Auch ohne den Versuch, jede Position bilanziell zu bewerten, dürfte völlig klar sein, von einer Überschuldung, ist die Gemeinde sehr weit weg. Zumindest nach Regeln der Logik und Mathematik. Dabei ist in diese „Milchmädchenrechnung“ noch nicht einmal der geldwerte Vorteil des ehrenamtlichen Engagement vieler Reddelicher und Brodhäger eingeflossen. Um die Rechnung abzurunden, muss ich nicht einmal zu unseren Nachbarn schauen, von denen einige weniger Schulden haben, andere mehr und wieder andere noch viel mehr. Dazu reicht schon das Wissen, dass jeder Einwohner unserer Gemeinde beim Land für mehr als 6.500 € und beim Bund für über 25.000 € haften muss. Die Bedeutung der Gemeindeschulden in diesem Kontext kann jeder selbst ermessen.

Der Gemeindehaushalt umfasst mehr als eine Dreiviertelmillion Euro. Da geht es nicht alleine um die Frage, ob „genug Geld da ist“, da geht es um die Prioritäten auf der Ausgabenseite und um soziale Verträglichkeiten auf der Einnahmenseite. Um an dieser Stelle nicht missverstanden zu werden. Ich plädiere nicht für die Öffnung aller Geldschleusen um für die Gemeinde ein schönes Schwimmbad, einen überdachten Festplatz oder einen unterirdischen Bahnhof zu bekommen. Vernunft hat meine privaten Finanzen bis heute bestimmt, da werde ich mich, auch in öffentlicher Verantwortung, wohl nicht mehr ändern. Zur Vernunft in Finanzangelegenheiten gehört aber auch, bestehende Investitionen zu pflegen und fachgerecht zu warten sowie Sorgfalt bei der Auswahl externer Dienstleister walten zu lassen.

Wie stelle ich mir meine Amtsführung vor?
„Neue Besen kehren gut“ – im Prinzip ja, nur warum sollte ich alles bisherige in Frage stellen wollen? Die grundlegenden Aufgaben eines Bürgermeisters sind in der Kommunalverfassung des Landes geregelt. Die sind Gesetz – natürlich auch für mich. Darüber hinaus sehe ich in Reddelich durchaus geordnete Verhältnisse. Viele kommunale Aufgaben sind „outgesourct“, wie man heute statt Ausgegliedert sagt. Das ist nun so und es bringt der Gemeinde nichts, dies zum jetzigen Zeitpunkt infrage zu stellen.

So ist die Verwaltung der Gemeinde durch die Amtsgemeinschaft mit Sitz in Bad Doberan genauso teuer wie alternativlos. Eine gute Kommunikation und gelegentliche Hinweise, wer legislativ und wer exekutiv handelt, sollte zukünftig Verstimmungen, wie zuletzt bei der Reddelicher „Einbahnstraßenposse“ vermeiden helfen.
Dass die Versorgung mit Wasser, Elektroenergie und Telekommunikation sowie die Abwasserentsorgung grundsätzlich Aufgaben der Kommunen sind, gerät bei der Professionalität der gegenwärtigen Verfahrensweisen leicht in Vergessenheit. Ein Rückkauf der Versorgungsnetze, wie er in einigen Städten diskutiert wird, sehe ich für unsere Gemeinde als unsinnig an. Hingegen will ich eine Debatte über alternative Positionen der Bürger zur derzeitigen Stromversorgung, wie sie im Bauausschuss schon angeschubst wurde, gerne fördern.

Ein Outsourcing, hinter dem ich voll stehe und deren Richtigkeit die Vergangenheit eindrucksvoll gezeigt hat, ist das von Kultur und Sport in Vereine. Gemeinnützige Vereine können viel flexibler und effizienter arbeiten und sind vor allem nicht an den schwerfälligen Gemeindehaushalt gebunden. Darüber, ob unsere Gemeinde groß genug für zwei Vereine mit ähnlichem Zweck ist, habe ich nicht zu befinden.

Autark arbeiten auch die Ausschüsse der Gemeindevertretung. Die Bildung der Ausschüsse für Gemeindeentwicklung, Bau und Verkehr, für Schule, Jugend, Kultur und Sport und für Umwelt- und Naturschutz, Landschaftspflege sowie des Hauptausschusses sind laut Hauptsatzung vorgeschrieben. Ob und wie diese arbeiten, hängt im wesentlichen von ihren Vorsitzenden ab. Mit Ausnahme des Hauptausschusses ist dort der richtige Ort, um unter breiter Bürgerbeteiligung anstehende Entscheidungen zu diskutieren und Zukunftsstrategien zu entwerfen – in der Theorie zumindest. Wenn dort lediglich Amtsvorlagen, in Vorbereitung einer Gemeindevertretersitzung, abgenickt werden, der einladende Vorsitzende Angst um die Beschlussfähigkeit des Gremiums haben muss, weil erwachsene Gemeindevertreter nicht soviel Anstand haben, sich abzumelden oder gar Ausschüsse lieber gar nicht erst zusammenkommen, erübrigt sich jede weitere Diskussion über Qualität in der Gemeindearbeit. Als Bürgermeister kann ich in die Arbeit der Ausschüsse nicht eingreifen, aber das scharfe Schwert der Veröffentlichung muss jedoch nicht ungenutzt rostig werden. Meine Publikationen der Vergangenheit, in der raducle oder auf reddelich.de, zeigen meine Aversion gegen „Herrschaftswissen“ oder „Hinterzimmermauscheleien“. Mit Vertraulichem kann ich aber durchaus vertraulich umgehen.

Der Gemeindearbeiter, oder wie seine Stellenbezeichnung korrekt heißt, der Amtsbauhofmitarbeiter, ist zwar dem Bauamt unterstellt, seine Vorgesetzten dort kennen – naturgemäß – nicht jedes Reddelicher Schlagloch, jede Schmiererei auf Gemeindeeigentum oder jede illegale Müllentsorgungsstelle. Daher ist eine enge Koordination zur Prioritätenfestlegung zwischen Amt und Gemeinde wichtig. Salopp ausgedrückt heißt dies: Wir in der Gemeinde ermitteln, was zu tun ist, das Amt unterstützt uns dabei, wie es zu tun ist.
Dass der Gemeindearbeiter es versteht, Reddelicher Bürger zum Gemeinwohl und ehrenamtlich in seine Arbeit einzubinden, sehe ich als Glücksfall für die Gemeinde.

Sollte mir jemand ein Bekenntnis zur Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde abfordern, ich würde es ohne zu zögern unterzeichnen. Dies ist auch keine Bauchentscheidung von mir. Die Gründe für diese Position sind komplex und bilden vielschichtige Kausalitäten.

Im Falle ich werde gewählt, wird – aus purem Eigennutz – der Aspekt „Barrierefreiheit im öffentlichen Raum“ einen deutlich höheren Listenplatz auf der Gemeindeagenda bekommen. Allgemein gesprochen, werde ich versuchen, meinem Motto: »?weniger Erwartungen – dafür mehr Kommunikation?« treu zu bleiben.

Reddelich, im Februar 2014
Ulf Lübs
Tel.: (DBR) 42743
ulfluebs@t-online.de